Taiwans Zukunft – Ein Besuch vor den Wahlen

Recherchereise vom 23. November bis 03. Dezember 2023

Blick auf Taipeh. Foto: Chensiyuan, edit by DXR, CC BY-SA 4.0

Am 13. Januar 2024 sind Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Taiwan. Nicht wenige der 24 Millionen Einwohner des Inselstaates fragen sich, wie lange es ihre Demokratie mit Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit noch gibt.

Zwar gehört die Republik China, wie Taiwan offiziell heißt, anders als Hongkong nicht zur Volksrepublik China, dennoch erhebt die Kommunistische Partei Anspruch auf die Pazifikinsel und betrachtet sie als abtrünnige Provinz. Die demokratischen Wahlen in einem Land, in dem überwiegend Mandarin gesprochen wird, beäugt die Kommunistische Partei Chinas mit Argwohn. 

Der Konflikt dahinter reicht lange zurück bis zum Chinesischen Bürgerkrieg: 1949 hatten die Kommunisten gegen die bis dahin auf dem Festland regierende Kuomintang (KMT) gesiegt. Die KMT-Anhänger zogen sich inklusive vieler nationaler Kunstschätze auf der östlichen Insel Taiwan zurück, die von 1895 bis 1945 noch von den Japanern regiert wurde. Dort etablierte sich unter Chiang-Kai-shek ein autoritärer Staat, bis Ende der 1980er-Jahre Demokratiebestrebungen einsetzen. Die ersten Wahlen in den 1990ern gewann die Kuomintang, die in der Folge auf eine enge Partnerschaft mit Festland-China setzte nach der Formel „Ein China, zwei Systeme“. Das führte zu wirtschaftlichen Erfolgen und gipfelte im historischen Treffen von Chinas Staatschef Xi Jinping mit dem damaligen KMT-Vorsitzenden Ma Ying-jeau 2015 in Singapur. 

Gegen diese engen Beziehungen protestierten 2014 zuerst Studierende und besetzten das Parlament. Viele schlossen sich ihrer „Sonnenblumenbewegung“ an und nahmen an den Massendemonstrationen teil. Vor allem die jüngeren Taiwanerinnen und Taiwaner befürchteten, dass sich der große Bruder das kleine Taiwan einverleiben würde. Die KMT-Regierung stoppte die weiteren Kooperationsvereinbarungen mit dem Festland und verlor 2016 erstmals die Präsidentschafts- und Parlamentswahl. Seitdem regiert die Demokratische Fortschrittspartei (DPP), die sich für die Eigenständigkeit von Taiwan ausspricht und wirtschaftlich von China unabhängiger werden will.

Acht Jahre lang verfolgte Tsai Ing-wen als Präsidentin der Insel diese Agenda. Nach zwei Amtsperioden darf sie nicht mehr antreten und hofft, dass ihr Parteikollege und bisheriger Vize-Präsident Lai Ching-te diesen politischen Weg weitergeht. Aber längst dominieren nicht mehr nur die beiden Großen die Parteienlandschaft. Taiwans Demokratie ist vielstimmig und es ist nicht klar, ob das Ergebnis der Wahlen zu einer erneuten Annäherung oder Entfremdung vom Festland führen könnte. Chinas Staats- und Parteichef Xi droht regelmäßig mit Gewalt. Ein Angriff könnte allerdings Taiwans weltweit führende Halbleiter-Produktionsstätten bedrohen, was auch in Europa und den USA zu großen Problemen führen würde. Deshalb wird US-Präsident Biden nicht müde Beistand für Taiwan zu bekunden und Waffenlieferungen zu genehmigen. Auch Taiwan erhöht die Verteidigungsfähigkeit und verlängerte die Wehrpflicht von vier Monaten auf ein Jahr.

Die Themen

Die Wirtschaftslage soll uns beschäftigen. Früher war Taiwan Weltmarktführer in der effizienten Massenproduktion von Elektronik. Foxconn erfuhr mit dem iPhone einen gigantischen Aufstieg. Aber China und andere Länder haben aufgeschlossen. Taiwan hat längst umgesteuert und ist Weltmarktführer bei den sehr kleinen Halbleiterstrukturen, was wir uns anschauen wollen.

Außerdem sollen die Verteidigungsfähigkeiten Taiwans eine Rolle spielen. Und über allem stehen natürlich die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Januar 2024. Dort fällen die Taiwanerinnen und Taiwaner erneut eine Richtungsentscheidung. Gibt es eine Fortsetzung der DPP-Herrschaft oder erringt die KMT wieder die Macht und „versöhnt“ sich mit Festland-China? Gewinnen kleinere Parteien wie die NPP oder TPP? Wir wollen Parteienvertreter und Expertinnen befragen, wie die Chancen stehen und was im Land vorangekommen ist: Als erstes asiatisches Land hat Taiwan 2019 die „Ehe für alle“ beschlossen. Die Atomkraftwerke sollen 2025 abgeschaltet werden. Die erneuerbaren Energien erfahren gerade eine massive Förderung. Oft dient Deutschland als Vorbild. In der Digitalisierung ist Taiwan allerdings viel weiter. Hier gibt es ein entsprechendes Ministerium, dem ein Hacker vorsteht.

Die Zivilgesellschaft und kulturelle Aspekte werden uns ebenfalls auf der Reise beschäftigen.

Reise und Kosten

Die Recherchereise nach Taiwan findet vom 23. November bis zum 3. Dezember 2023 statt. Wer von einer Redaktion geschickt wird oder hauptsächlich für diese Beiträge realisiert, zahlt 850 Euro; Selbstzahlende 750 Euro und Volontärinnen und Volontäre 700 Euro. In den Kosten enthalten sind der Flug Berlin – Taipeh und zurück, Inlandstransfers, sowie Unterkunft im Doppelzimmer mit Frühstück. Die Anreise zum Flughafen sowie die Kosten für Mittag- und Abendessen während der Reise tragen die Teilnehmer in der Regel selbst.

An der Recherchereise nach Taiwan können zehn Journalistinnen und Journalisten teilnehmen, die nicht älter als 39 Jahre sind. Die Altersgrenze besteht, da journalists.network e.V. sich der Förderung junger Medienschaffenden und des publizistischen Nachwuchses verpflichtet fühlt. 

Unser Verein lebt vom ehrenamtlichen Engagement, wir sind kein Reisebüro für Journalisten. Deshalb erwarten wir von den Teilnehmern eine aktive Beteiligung an der Reise und freuen uns, wenn darüber hinaus Interesse besteht, sich in unserem Netzwerk zu engagieren. Die vollständigen Teilnahmebedingungen sind unter http://journalists-network.org/recherchereisen/teilnahmebedingungen/zu finden.

Bewerbung

Bewerbungsschluss für die Recherchereise nach Taiwan ist der 31. August 2023. Aus der Bewerbung sollten die beruflichen Schwerpunkte und die persönliche Motivation hervorgehen, in Taiwan zu recherchieren. Neben Lebenslauf und maximal drei Arbeitsproben bitten wir darum, zwei Recherchethemen grob zu skizzieren, die auf der Reise umgesetzt werden sollen. Wir werden versuchen, einige Themenvorschläge der ausgewählten Reiseteilnehmerinnen und -teilnehmer in das offizielle Programm einzubauen.

Die Bewerbungsunterlagen sind in Form einer einzigen pdf-Datei an taiwan@journalists-network.org zu schicken. Eine Rückmeldung gibt es wenige Tage nach Ende der Bewerbungsfrist. Die Bedingungen für die Teilnahme an unseren Reisen – auch was den Versicherungsschutz angeht – finden sich hier.

Bitte beachte: Mit Deiner Bewerbung erklärst Du Dich damit einverstanden, dass Deine Daten gemäß DSGVO durch journalists.network e.V. zum Zwecke der Durchführung des Projekts „Recherchereise nach Taiwan“ verarbeitet werden.

Organisation

Die Recherchereise nach Taiwan wird bisher inhaltlich und logistisch unterstützt von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit sowie finanziell von der ZEISS Group Taiwan und Melchers. Organisiert und geleitet wird die Reise von Felix Lee, Alexander Isele und Andre Zantow.

Fragen zur Reise beantworten die Organisatoren unter taiwan@journalists-network.org. Weitere Informationen finden sich auf unserer Website sowie bei Twitter und Facebook.

Wir freuen uns auf eure Bewerbung!

Das Team von journalists.network