Der Krieg der Anderen

Filmabend und Diskussion mit Martin Gerner im Januar 2012

Fotos: Klaus Heymach

Fotos: Klaus Heymach

Sitzt die Frisur? Passt die Lederjacke? Wann werde ich mich, mit Gottes Hilfe, zum ersten Mal verlieben? Auch das sind Fragen, die sich junge Männer und Frauen in Afghanistan stellen. Im Alltag am Hindukusch geht es nicht nur um Krieg und Frieden, das ist eine der Kernbotschaften des preisgekrönten Dokumentarfilms von Martin Gerner. Junge Menschen drehen hier Spielfilme, machen Radio, träumen von Demokratie – und von der großen Liebe.

Doch im nächsten Moment sind die beiden ausgebrannten Tanklastwagen im Bild, ein Greis erzählt von den toten Kindern und Cousins. Im September 2009 hatte hier ein deutscher Offizier den fatalen Befehl erteilt, zwei von Taliban entführte Tanklaster zu bombardieren. Bis zu 142 Menschen wurden dabei nach NATO-Einschätzung getötet.

„Generation Kunduz – Der Krieg der Anderen“ illustriert zwei Seiten von Afghanistan: den Krieg und den ganz normalen Alltag. Am 20. Januar 2012 zeigte der freie Afghanistan-Korrespondent Martin Gerner seinen Dokumentarfilm im Berliner taz-Café, auf einer gemeinsamen Veranstaltung von journalists.network und taz, die tageszeitung. Organisiert und moderiert wurde der Abend von jn-Mitglied Sven Hansen (taz-Auslandsredaktion).

Für seinen Film hat Gerner fünf junge Afghanen begleitet: den zehnjährigen Schuhputzer Mirwais, der ganz wie ein Großer über Krieg und Frieden philosophiert; die Journalistin Nazanin, die sich für ihre Arbeit sogar unter die Burka zwängt; den Studenten Hasib, der keine Wahlfälschung mehr dulden möchte; und die beiden Schauspieler Ghulam und Khatera, die mit Kunstblut und scharfer Munition Filme drehen.

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Die Berichterstattung in den deutschen Medien habe nur wenig mit der Realität in Afghanistan zu tun, analysiert Gerner. „Die ist nicht nur schwarz-weiß. Es gibt auch Grautöne, bunte Farben.“ Doch das öffentliche Interesse an Afghanistan lasse bereits nach, viele Redaktionen seien übersättigt, und für Zwischentöne sei oft kein Platz.

Doch gibt der Film – das Porträt einer jungen Generation mitten im Krieg – nun Anlass zur Hoffnung oder skizziert er nicht vielmehr die deprimierende Ausweglosigkeit in einem Land, das zwischen Besatzungstruppen, Aufständischen und korrupten Potentaten hin- und hergerissen wird? Das deutsch-afghanische Filmpublikum blieb uneins. Auch die Zukunft Afghanistans wird vermutlich weder schwarz noch weiß sein.