Zwischen Aufbruch und Krise: Südafrika ein halbes Jahr vor der WM

Recherchereise im Januar/Februar 2010

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Südafrika, ein Land großer sozialer Gegensätze und politischer Spannungen, hat schon einmal durch den Sport zusammengefunden: bei der Rugby-Weltmeisterschaft 1995. Im Februar 2010 haben 14 junge deutsche Journalistinnen und Journalisten zehn Tage lang vor Ort erlebt, wie sehr die Menschen in dem Land hoffen, dass auch die Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer 2010 ein gemeinschaftsstiftender Erfolg wird. Milliarden-Investitionen sollen dem dienen. Die Regierung nutzt die erste Fußball-WM auf dem afrikanischen Kontinent, um die Infrastruktur zu modernisieren und das Image des Staates aufzupolieren.

Sechs Jahre ist es her, seit der Fußballwelt Südafrika als Ausrichter vorgestellt wurde. Seit sechs Jahren sind auch immer wieder Zweifel daran zu hören, dass das Land dieses Riesenprojekt wirklich stemmen kann. Auf der Reise machte sich die Gruppe selbst ein Bild davon, wo das Land politisch, sozial und wirtschaftlich steht, wie weit die Vorbereitungen gediehen sind und was die Menschen von dem Großereignis haben.

In Kapstadt, Pretoria und Johannesburg trafen die Journalisten Menschen aller Bevölkerungsschichten: Fabrikarbeiter und Manager, Fußball-Funktionäre und Politiker, deutsche und südafrikanische Journalisten, Township-Bewohner und Studenten. Zum Schluss waren die Blöcke und Tonbänder voll.

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Das Programm begann mit einem hochkarätigen Termin: Die Journalisten sprachen mit Helen Zille, der Premierministerin des Bundeslandes Westkap und Chefin der größten Oppositionspartei. Die deutschstämmige Zille machte gleich klar, dass es ihrer Meinung nach typisch für deutsche Journalisten sei, immer auf dem Sicherheitsrisiko in Südafrika herumzureiten – völlig zu Unrecht, denn das Land sei zur WM ein sicheres Reiseland.

Die Frage nach Kriminalität und Sicherheit tauchte bei den Gesprächen auf der Reise immer wieder auf: sei es bei einem Abendessen mit dem Sprecher der Polizeibehörden in Sachen WM, Vishnu Naidoo, sei es bei einer Stadionbesichtigung mit Kapstadts Bürgermeister Dan Plato, sei es bei einem Treffen mit dem Leiter des WM-Organisationskomitees, Danny Jordaan, sei es bei den Briefings durch verschiedene Think Tanks und die deutsche Botschaft.

Ein anderes wichtiges Thema waren die großen sozialen Gegensätze und die Frage, wie die Regierung die Armut bekämpfen kann. Die Gegensätze hatten für die Gruppe durchaus praktische Folgen: Das Programm war so eng getaktet, dass an Pausen zum Umziehen im Hostel zwischen Terminen nicht zu denken war. An manchen Tagen führte die Gruppe vormittags Gespräche mit Township-Bewohnern und traf sich abends mit Managern zum Arbeitsessen in einem Restaurant in einem Nobelvorort. Das machte die Wahl der angemessenen Kleidung morgens manchmal etwas knifflig.

In einem Township bei Kapstadt stellte ein deutscher katholischer Pfarrer das Aids-Projekt „Hope“ vor. In Pretoria lud die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit die Gruppe ein, ein von ihr unterstütztes Fußballprojekt für Kinder in einem Township kennenzulernen. Dort wurden die Journalisten gleich herausgefordert: In der Mittagshitze verloren sie in einem aufreibenden Fußballspiel haushoch gegen die Gastgeber. Die Journalisten trafen auch deutsche Feuerwehrleute, die ihre WM-Erfahrungen beim Thema Katastrophenschutz vor Ort an südafrikanische Kollegen weitergaben.

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Ein Höhepunkt war der Besuch des fast fertiggestellten Stadions Soccer City bei Johannesburg, in dem das Eröffnungsspiel und das Finale stattfinden. Die Übernachtung im Mannschaftshotel der Deutschen Nationalelf warf die Frage nach dem Geschmack deutscher Fußball-Funktionäre bei Architektur und Inneneinrichtung auf. Der Manager des Hotels sagte bei dem Rundgang aber jedenfalls, dass sein Haus gut gerüstet sei für den Besuch.

Spannende Einblicke in den Alltag der Südafrikaner boten sich in einer Textilfabrik, die für Puma zuliefert, und bei einem Treffen mit Studenten der Witwatersrand-Universität in Johannesburg. Der Besuch der Redaktion der Zeitung Cape Times und ein Treffen mit einem der führenden Sportkommentatoren des Landes zeigten, wie Journalismus in dem Land funktioniert: nicht viel anders als bei uns. Die Bedeutung Südafrikas als Standort für deutsche Unternehmen und die wirtschaftliche Lage waren das Thema von Gesprächen mit hochrangigen Siemens-Managern und Vertretern der Auslandshandelskammer.

Organisiert wurde die Reise von jn-Vorstand Björn Finke, Kristina Läsker (beide Süddeutsche Zeitung) und Lars Langenau (Sueddeutsche.de). Wir danken ganz herzlich unseren Sponsoren und Unterstützern Siemens, GlaxoSmithKline, Puma, South African Airways und South African Tourism.