Besuch beim „unbekannten Nachbarn“

Recherchereise nach Moldau im Dezember 2010

Text: Pauline Tillmann – Fotos: Pauline Tillmann & Max Kuball

Tracht

Arm gegen reich, Russland gegen den Westen, transnistrischer Geheimdienst gegen friedliche Nichtregierungsorganisationen (NGOs) – Konflikte gibt es in dem kleinen Land zwischen der Ukraine und Rumänien genug. Also genau das Richtige für Journalisten. Trotzdem wissen auch gestandene Auslandsreporter kaum, ob es nun Moldawien oder Moldau heißt, wie man den Namen der Hauptstadt richtig ausspricht und wie das mit Transnistrien nun genau war. „Moldau – der unbekannte Nachbar“, lautete daher Ende November die treffende Überschrift der letzten Reise von journalists.network 2010. Eine Woche lang hatten die 15 Teilnehmer und Organisatoren Zeit, das Land zu erkunden – auf das Programme, Zeitungen und Nachrichtenticker bald voll sein würden von erhellenden Reportagen, Features und Hintergrundstücken. Die Organisatoren Pauline Tillmann und Oliver Bilger haben ein umfassendes Programm auf die Beine gestellt, das sich im Nachhinein wie ein klassisches Drama in fünf Akten liest. Weiterlesen …

Wohin steuert das Baltikum?

Recherchereise nach Tallinn und Riga im Oktober 2010

IMG_1521„Wohin steuert das Baltikum“ – genauer gesagt, wohin steuern Estland und Lettland? Unter diesem Motto haben wir uns im Oktober auf den Weg gemacht. Nach einer Woche Rundreise sind wir zwar nicht mit einer detaillierten Antwort zurückgekommen, aber mit neuem Wissen, vielen Eindrücken und tollen Kontakten.

Vier Schwerpunkt standen auf dem prall gefüllten Programm: Tallinn als Kulturhauptstadt Europas 2011, die Wirtschaftskrise und ihre Folgen, die Parlamentswahl in Lettland sowie die Energiepolitik der beiden Länder. Weiterlesen …

15 Jahre journalists.network:

Party und Politik zwischen Meer und Wüste

Alumni-Geburtstagsreise nach Tel Aviv und Jerusalem im Oktober 2010

Text und Fotos: Markus Wierz

Flughafen Ben Gurion, 3 Uhr morgens. „What’s the purpose of your visit?“ – „Celebrate.“ Die berufsgrimmige Grenzer-Schönheit ist nicht überzeugt. Sie hat da noch ein paar Fragen. Drei Nächte später wummern Balkan-Beats über das Tote Meer. Auf einer Anhöhe mitten in der Wüste lodert ein munteres Lagerfeuer, brutzelt Deftiges in schweren Eisentöpfen. Bunte Lichter flickern. Nicht alle wollen tanzen, viele schwelgen lieber in Erinnerungen an gemeinsame Reisen nach Südafrika, China oder über den Balkan. Es ist – wie so oft bei journalists.network – keine gewöhnliche Geburtstagsfeier, zu der 30 Alumni im Oktober 2010 nach Israel gereist sind. Dorthin, wo vor 15 Jahren die allererste jn-Reise stattfand. Weiterlesen …

Flüchtlinge, Öl und Säbelrasseln

Alumni-Recherchereise nach Aserbaidschan im Juni 2010

Fotos: Klaus Heymach

Orientalisch? Post-sowjetisch? Pulverfass oder Stabilitätsanker? Mitte Juni ging eine Gruppe jn-Alumni im Südkaukasus auf Spurensuche. Und stieß dabei auf überzeugte Europäer und enttäuschte Dissidenten, verzweifelte Flüchtlinge und stolze Militärs, Blogger und Minister. „Wir sind ein Teil von Europa“, zeigte sich der Chef des staatlichen Oil Funds in Baku überzeugt. Als Beleg führt der 38-jährige Shahmar Movsumov seine Arbeit an: Der Gewinn aus jedem Barrel Öl werde dokumentiert, Korruption gebe es nur noch in der Wahrnehmung mancher westlicher Beobachter. Gegen Vetternwirtschaft und Ressourcenfluch arbeitet Movsumov in einem auf frostige Grade heruntergekühlten Neubau aus dunklem Marmor, gegenüber haben italienische Luxusboutiquen eröffnet. Europa am Kaspischen Meer. Beim Eurovision Song Contest, freut sich Movsumov, sei sein Land wieder in der Top Ten gelandet. Weiterlesen …

Neue Großmacht oder veralteter Petrostaat?

Recherchereise nach Russland im Mai 2010

Text: Evelyn Runge

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Die zwölf cremefarbenen Telefone habe er aus dem Kreml mitgebracht, sagt Dmitry Peskow, Pressesprecher von Wladimir Putin. Seinen Konferenztisch im Weißen Haus hat Peskow mit Buddha-Statuen dekoriert, das Fensterbrett mit einem Morgenstern. Eloquent und ruhig wie ein Buddha antwortet er auf jede Frage. Kritiker aber meinen, die Regierung agiere mit härterer Hand als noch vor wenigen Jahren. „Wir sind auf dem Weg in einen totalitären Staat“, sagt Michail Kassjanov, ehemaliger Premier und heutiger Leiter der Oppositionspartei „Volksdemokratische Union“.

Eine Woche lang hatten die zwölf Reiseteilnehmer Gelegenheit in Moskau und in Westsibirien zu recherchieren: Wirtschaftsmacht und innere Demokratisierung, Korruption und Justizreform, den Stellenwert von Pressefreiheit und politischer Opposition, Energie und Rohstoffe als Druckmittel in der Außenpolitik: Facettenreich und komplex wie die Themen selbst waren auch unsere Gesprächspartner. Weiterlesen …

Zwischen Aufbruch und Krise: Südafrika ein halbes Jahr vor der WM

Recherchereise im Januar/Februar 2010

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Südafrika, ein Land großer sozialer Gegensätze und politischer Spannungen, hat schon einmal durch den Sport zusammengefunden: bei der Rugby-Weltmeisterschaft 1995. Im Februar 2010 haben 14 junge deutsche Journalistinnen und Journalisten zehn Tage lang vor Ort erlebt, wie sehr die Menschen in dem Land hoffen, dass auch die Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer 2010 ein gemeinschaftsstiftender Erfolg wird. Milliarden-Investitionen sollen dem dienen. Die Regierung nutzt die erste Fußball-WM auf dem afrikanischen Kontinent, um die Infrastruktur zu modernisieren und das Image des Staates aufzupolieren.

Sechs Jahre ist es her, seit der Fußballwelt Südafrika als Ausrichter vorgestellt wurde. Seit sechs Jahren sind auch immer wieder Zweifel daran zu hören, dass das Land dieses Riesenprojekt wirklich stemmen kann. Auf der Reise machte sich die Gruppe selbst ein Bild davon, wo das Land politisch, sozial und wirtschaftlich steht, wie weit die Vorbereitungen gediehen sind und was die Menschen von dem Großereignis haben.

In Kapstadt, Pretoria und Johannesburg trafen die Journalisten Menschen aller Bevölkerungsschichten: Fabrikarbeiter und Manager, Fußball-Funktionäre und Politiker, deutsche und südafrikanische Journalisten, Township-Bewohner und Studenten. Zum Schluss waren die Blöcke und Tonbänder voll. Weiterlesen …

Ein Jahr nach dem Krieg

Recherchereise nach Georgien im Juli 2009

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Der Krieg um die separatistischen Gebiete Südossetien und Abchasien hat im Sommer 2008 die Weltöffentlichkeit aufgerüttelt. Ein Jahr danach konnte im Kaukasus von Stabilität  keine Rede sein. Neue Konflikte lauerten und konnten jederzeit wieder ausbrechen. Wir, eine 12-köpfige Gruppe von Print- und Radiojournalisten, sind im Juli 2009 nach Georgien aufgebrochen, um diese Spannungen aus nächster Nähe mitzuerleben und darüber zu berichten.

Die Reise begann sehr gemütlich in der Russischen Botschaft zu Berlin. Pressereferenten schilderten uns die russische Sicht der Dinge und führten uns ein Propagandavideo mit drastischen Kriegsbildern vor – welch stimmungsvoller Auftakt für unsere Reise in den Kaukasus. Weiterlesen …

EU-Erweiterung: Die zwei „Neuen“

Recherchereise nach Bukarest und Sofia im November 2008

Text: Rita Nikolow

Pompöses Bukarest: Der Parlamentspalast.

Pompöses Bukarest: Der Parlamentspalast.

Rumänien und Bulgarien – das gehört für viele Europäer zusammen. Weil sie Nachbarländer sind und seit 2007 die beiden jüngsten Mitglieder der EU. Untereinander ist die Beziehung aber nicht gerade innig. Bulgaren und Rumänen wissen eigentlich erstaunlich wenig voneinander. Sechs Tage lang haben wir zu elft Bukarest und Sofia bereist und sind am Ende vollgestopft mit tausend Ideen, Eindrücken, ebenso vielen Böreks und allermindestens ebenso vielen Geschichten heimgekehrt. Um Korruption und Armut ging es in vielen Interviews und Begegnungen in den beiden Hauptstädten; zum Beispiel mit Rumäniens ehemaligem Ministerpräsidenten Adrian Nastase, den wir in seinem Wahlkreis besucht haben, zwei Wochen vor den rumänischen Parlamentswahlen. Weiterlesen …

Zwischen Rückfall und Reformen

Recherchereise in die Türkei im November 2008

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Kaum ein Land der westlichen Welt hat in den letzten Jahren einen so rasanten Modernisierungsprozess durchgemacht wie die Türkei. Seit dem Regierungsantritt der gemäßigt islamischen AKP und Tayyip Erdogans triumphaler Wiederwahl im vergangenen Jahr durchläuft die Türkei einen teils hart umkämpften politischen Reformprozess.

Die Wirtschaft ist aufgeblüht, doch die Gesellschaft ist gespalten angesichts der Lagerkämpfe zwischen Religiösen und Nationalisten. Vor wenigen Monaten wäre die mit satter Mehrheit regierende AKP fast verboten worden, zudem stockt der EU-Beitrittsprozess, und der politisch-gesellschaftliche Kampf um die nationale Identität und den Umgang mit den Minderheiten hält an. Weiterlesen …

Raki, Rock, Redaktionelles

13 Jahre journalists.network: Alumni-Treffen in Istanbul im Juni 2008

Text: Christian Thiele

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Über uns die Sterne. Unter uns der Fluss. In uns ein paar mehr oder ein paar wenige Gläser Raki. Um uns herum das Funkeln tausender Lichter, von illegalen, halblegalen und vielleicht mitunter sogar legalen Bauten. Vor uns eine lange Nacht: Nein, eine abendliche Bootspartie auf dem Bosporus ist nicht unbedingt der falscheste Ort für ein standesgemäßes journalists.network-Event. So geschehen Mitte Juni 2008 in Istanbul.

Istanbul ist in diesen Tagen eine merkwürdige Stadt: In manchen Vierteln ist der Ausschank von Alkohol verboten, andere werden von den Reiseführern als die hippsten, wildesten und durchgeknalltesten „places to be“ auf dem ganzen Planeten angepriesen. Weiterlesen …