„Mehr als Bundeswehr und unterdrückte Frauen“
Afghanistan-Gespräch mit Adrienne Woltersdorf im April 2013
Sicherheit, Demokratie, Frauenrechte – es gibt viele Themen, über die man im Zusammenhang mit Afghanistan kontrovers diskutieren kann. Das haben wir am 14. April 2013 in Berlin getan: beim Hintergrundgespräch mit den jn-Alumni Adrienne Woltersdorf (Leiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kabul) und Cem Rifat Sey (freier Journalist).
Dabei kritisierte Adrienne Woltersdorf die deutschen Medien scharf: Zum einen glänzten sie durch Abwesenheit (in Kabul gibt es keine ständigen Korrespondenten aus Deutschland). Zum anderen herrsche die Auffassung, man könne nur mithilfe der Bundeswehr „embedded“ aus Afghanistan berichten: „Kein Flug, keine Story“. So komme es aber zu verzerrten Darstellungen – beispielsweise über die Rolle der Bundeswehr in Afghanistan, die im Land selber nur ein „kleiner Player“ sei.
Ein weiteres Missverständnis sieht Adrienne Woltersdorf bei der „Frau als Headline“: In Deutschland würde der Eindruck erweckt, in Afghanistan gehe es nicht um die Bekämpfung von Al-Quaida und Kämpfern der Taliban, sondern um die „Befreiung der Frau“. Der mediale Fokus auf unterdrückte Frauen und Hilfsprojekte, die afghanische Frauen unterstützen, könnten diese jedoch in Gefahr bringen: „Man wird sich an den Frauen rächen, sobald die ausländischen Truppen abgezogen sind.“
Adrienne Woltersdorf beobachtet einen „neuen Konservativismus“ in Afghanistan, den sie auch als Gegenreaktion auf die „belehrende Demokratie“ der westlichen Truppensteller sieht: Es werde selten auf Augenhöhe diskutiert, so dass bei vielen Afghanen der Eindruck entstanden sei, dass „die Demokratie dazu da ist, ihnen die Religion wegzunehmen.“ Sie selbst beobachtet Tendenzen der Radikalisierung: „Die Burka kommt zurück.“