Unbekanntes Arabien
Alumni-Recherchereise in den Jemen im November 2006
Fotos: Klaus Heymach
Terroristen und Stammeskrieger haben dem Jemen international negative Schlagzeilen eingebracht. Doch das Land hat weit mehr Facetten: Zwischen Hochgebirge und Wüste haben sich Traditionen und Religion bewahrt wie in sonst keinem arabischen Land. Zugleich ist der Jemen die einzige Republik auf der arabischen Halbinsel; unzählige NGOs streiten dort für Veränderungen.
Zwölf jn-Alumni reisten am 18. November für eine Woche in den Süden der arabischen Halbinsel, um sich selbst ein Bild des einstigen „Arabia Felix“ zu machen. Der erste Eindruck bei der Ankunft am Abend war tatsächlich der eines glücklichen, märchenhaften Landes: Die im Dunkeln bunt leuchtenden Fenster der Turmhäuser in der Altstadt von Sanaa ließen an 1001 Nacht denken.
Die Gespräche in der Hauptstadt an den nächsten beiden Tagen zeichneten ein differenzierteres Bild: Der Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Sanaa erläuterte die kleinen demokratischen Fortschritte durch die Wahl im September, ein oppositioneller Politikwissenschaftler schilderte seinen Kampf mit dem autokratischen Regierungsapparat, und der deutsche Botschafter berichtete, wie die Bundesregierung dieser Situation begegnet. Auf einem Spaziergang durch das alte Zentrum erklärte eine deutsche Architektin, warum die jemenitische Architektur so einzigartig ist, und der Manager der Fluggesellschaft Yemenia stellte dar, wie die Entführungen im vergangen Jahr den Aufschwung in der Tourismusbranche zunichte machten.
Der Vorsitzende des Tourismusverbandes, zugleich Chef einer Anti-Terror-Einheit, empfing die Gruppe in der Kaserne – aus Sicherheitsgründen, weil der Staatschef, sein Onkel, gerade in Deutschland war. Eine Frauenrechtlerin erzählte, was Feminismus in einem Land bedeutet, in dem die meisten Frauen nicht mehr als ihre Augen zeigen. Und in einem Ministerium trafen die Journalisten auf Hightech aus Deutschland, mit der die biometrischen Daten aller Beamten erfasst und Doppelanstellungen vermieden werden sollen. Ein Gespräch mit GTZ-Experten über die dramatische Wasserknappheit im Jemen stimmte ein auf die Fahrt in die Wüste.
Marib, Heimat der legendären Königin von Saba. Die Leiterin des Deutschen Archäologischen Instituts im Jemen führte durch die Ausgrabungen, anhand derer seit Jahrzehnten das Leben der Sabäer erforscht wird. Vor der Kulisse des großen Damms – Bedingung für die Entwicklung dieser Hochkultur – schilderte ein weiterer Archäologe, wie er in einem GTZ-Projekt Söhne der verfeindeten Stämme der Region zu archäologischen Touristenführern ausgebildet hat. Einer dieser Stammessöhne lud die Gruppe zu sich nach Hause ein, nach Geschlechtern getrennt: Während den Männern von den Männern des Hauses Schafe und Ziegen gezeigt wurden, durften die deutschen Frauen Babys bewundern und mit den Beduinenfrauen plaudern – für sie der erste Kontakt mit Ausländern.
Sechs Autostunden und dutzende Kontrollposten weiter Richtung Osten durch die Wüste dann Schibam, die Hochhausstadt aus Lehm. Auf dem Dach eines dieser bizarren Bauwerke demonstrierte ein Lehmbaumeister, wie er mit seiner Handwerkskunst die Häuser vor dem Verfall schützt. Im nahen Tarim wurden die Journalisten – wieder nach Geschlechtern getrennt – in einer sufischen Koranschule empfangen. Moslems aus der ganzen Welt kommen dorthin, um den Islam zu studieren.
Susanne Sporrer und Klaus Heymach, beide freie Journalisten, organisierten und begleiteten die Reise. Die Fluggesellschaft Yemenia, der Reiseveranstalter Cameleers, die Friedrich-Ebert-Stiftung, die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit sowie die Firma Dermalog leisteten finanzielle Unterstützung. Herzlichen Dank dafür!